04.06.2016 | Franz-Johannes Litsch | Die Entstehung des Mahayana-Buddhismus in Indien
Im tibetischen Buddhismus gibt es eine Beschreibung der Herausbildung des Buddhismus, die als eine Stufenfolge von drei Fahrzeugen, dem des Hinayana, des Mahayana und des Vajrayana, sowie von vier philosophischen Schulen (Vaibhasika, Sautrantika, Cittamatra, Madhyamaka) - entsprechend der unterschiedlichen Aufnahmefähigkeit und Motivationskraft seiner Schüler - dargestellt wird. Wobei der historische Buddha selbst alle drei Fahrzeuge und vier Schulen gelehrt haben soll.
Im Lichte moderner historischer Wissenschaft ist diese Darstellung jedoch unhaltbar. Wobei sie aber nicht gänzlich verworfen werden muss, da sie als ein didaktisch-pädagogisches Mittel und Modell zur Hinführung an die höchstmögliche Einsicht in die Lehre des Buddha zu verstehen und als solche durchaus auch zu akzeptieren ist. Nur hat sie mit der tatsächlichen Geschichte des Buddhismus in Indien wenig zu tun. Insbesondere aber wird diese Darstellung nicht den tatsächlichen Sichtweisen gerecht, die wir in den Quelltexten der meisten dieser Schulen vorfinden. Vor allem dort, wo der sog. Hinayana mit der Vaibhasika- und Sautrantika-Schule, beschrieben wird, die gänzlich unzutreffend auch noch mit dem Theravada-Buddhismus gleichgesetzt werden, aber auch, wo es um die Darstellung der Yogacara- bzw. Cittamatra-Lehre geht. Wobei es in den verschiedenen tibetischen Schulen nochmal sehr unterschiedliche Ansichten gibt.
Von den Quellen her weitgehend korrekt ist bei allen letztlich lediglich die Darstellung der Madhyamaka-Sicht.
Der Referent möchte in seinem Vortrag über diese Infragestellung des Überkommenen hinaus eine neue Interpretation der Fahrzeuge und Schulen geben, die einerseits der heutigen historisch-kritischen Forschung entspricht und andererseits allen Schulen inhaltlich voll gerecht wird und damit auch jahrhundertalte Buddhismus-interne Konflikte (die wir unnötigerweise heute im Westen auch einführen) beendet.
Hinweis: Dies ist keine therapeutische Veranstaltung; Teilnehmer sollten psychisch gesund sein.
Franz-Johannes Litsch studierte Architektur und folgt seit seiner Jugend (1962) der Lehre und Praxis des Buddha. Er unternahm zahlreiche Reisen durch Asien, besuchte eine Vielzahl von Klöstern und Meditationszentren aller großen Schulen des Buddhismus und war Schüler unterschiedlichster buddhistischer Lehrer. Er war acht Jahre Mitglied des Rates der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) und Mitgründer und Vorstandmitglied der Buddhistischen Akademie Berlin. Sein heutiger Dharmaweg ist der des burmesischen Samatha-Vipassana. Seit Beginn der 1980er Jahre ist er auch intensiv am interreligiösen und innerbuddhistischen Dialog interessiert und beteiligt.
Samstag, 04.06.2016, 10.00 bis 18.00 Uhr
Teilnahmegebühr: Spende
Anmeldung: Jochen Dienemann, 0511- 574551, info[at]choeling.de